Kellerwald Marathon 2017

Es ist Sonntagmorgen und der Wecker meldet sich pünktlich um 6 Uhr mit „Give it all“ von Rise Against – der Melodie dessen Titel mein Tagesmotto mehr als gut beschreibt. Die Radkleidung liegt bereit, sodass ich ohne großen Aufwand hineinschlüpfen kann. Weiter geht es in die Küche, dem wohlverdienten Kaffee und Nutella entgegen. Nach einigen Rennen kenne ich den richtigen Rhythmus und weiß, was ich meinem Magen am frühen Morgen des Renntags zumuten kann. Nicht zuletzt gilt Nutella in Fun-Bike Kreisen und darüber hinaus als Geheimtipp vor größerer körperlicher Beanspruchung. … also hinein mit dem geilen Zeug und ja nicht sparsam sein!

Um 7 Uhr begebe ich mich auf den Weg nach Gilserberg. Im Auto wird eine Außentemperatur von 2,5°C angezeigt. Das juckt mich nicht sonderlich, denn es sind immerhin noch 3h bis zum Start und die Wettervorhersage prophezeit 10°C um 10 Uhr – das klingt zufriedenstellend. Nachdem wir im Vorjahr bei Nieselregen und 3°C ins Rennen gegangen sind, kann es sowieso nur besser werden. In Gilserberg angekommen treffe ich Alex und Thomas, die mir freundlicherweise einen guten Parkplatz freigehalten haben – merci ihr Raketen.

Jetzt beginnt die Routine des Renntags. Radl zusammenbauen, Startunterlagen holen und langsam in Fahrt kommen. Alex und ich lassen es ruhig angehen und schauen uns erst den Start der Langstrecke (80km und 120km) an. Thomas wird die Kellerwaldrunde mit ihren 40km und 1200hm ganze zwei Mal unter die Räder nehmen, während wir auf der Kurzdistanz starten und uns mit einer Runde zufrieden geben. Da ich in diesem Jahr wieder an der Rosbacher Bike Challenge mit ihren 6 Rennen teilnehme, bin ich ohnehin an die Kurzstrecke gebunden, um Punkte für den Cup zu sammeln.

Nach dem Warmfahren und einigen Blödeleien bezüglich der Renntaktik wird es ernst und wir begeben uns um 9.35 Uhr an den Start. Es ist immer sinnvoll früh am Start zu stehen und einen Platz im vorderen Feld zu ergattern, da viele Fahrer ihr Leistungsvermögen überschätzen, von vorne starten und zu Beginn des Rennens überpacen. Die Folge daraus sind mühselige Überholmanöver und gesprengte Gruppen, mit denen man nicht den nötigen Speed halten kann, um sich nach vorne zu orientieren.

Es sind nun noch 3 Minuten bis zum Start und über die Lautsprecher ertönt die Information, dass die Strecke in diesem Jahr brottrocken sei. Dies sorgt für Erleichterung, wenn man sich an die sumpfige und materialtötende Angelegenheit im letzten Jahr erinnert. Am Start treffen wir noch auf Michael Zammert und Tom und Alexander Rauchhaus, die ebenfalls Rennluft geschnuppert haben.

3…2…1… peng – und los geht’s. Nach einem kleinen Startloop geht es los und das Tempo wird ordentlich angezogen. Die ersten Positionskämpfe werden ausgetragen und man versucht den richtigen Rhythmus zu finden. Über eine kurze Distanz auf Teer geht es zum ersten Anstieg. Dieser lauert schon nach 7km auf die Fahrer und stellt uns auf die erste Probe. Während der nächsten 3,7km klettern wir knapp 200hm auf den Jeust. Mein Puls hat sich nun im Bereich zwischen 172 und 182bpm eingependelt – für mich ein Bereich, in dem noch etwas nach oben geht, aber noch kein Blutgeschmack zu vernehmen ist. Ich merke, wie mich meine Mitstreiter pushen und bin wieder absolut angefixt, was das schweißtreibende Kämpfen um Platzierungen mit hunderten anderen Verrückten auf Zweirädern betrifft. Oben angekommen geht es sofort scharf rechts in einen flowigen, schnellen Singletrail. Die hart erkämpften Höhenmeter wollen schließlich artgerecht vernichtet werden! Knappe 3,5 Minuten später komme ich durchflutet von Adrenalin und übersäht mit Endorphinen am Waldrand an.

Das war es jedoch noch lange nicht. Der Motor ist jetzt erst recht auf Betriebstemperatur und über Feldwege geht es zum gegenüberliegenden Waldstück – der nächste Anstieg wartet bereits auf mich. 15 Minuten, 4,7km und 220hm später komme ich oben an. Das war ein hartes Stück Arbeit. Nachdem ich mich bergauf nach vorne gearbeitet habe und von einer Gruppe zur nächsten aufschliessen konnte, galt es noch „die steile Rampe“ zu bezwingen – ein Biest von 300m mit durchschnittlich 19% Steigung. Meine Pulswerte brauche ich jetzt wohl nicht zu erwähnen… Nachdem ich das Biest bezwungen habe, denke ich an die Worte von Christian Horstmann, die mich am Morgen per WhatsApp erreichten: „Wenn es in den Beinen schmerzt, einfach noch eine Schippe drauf legen.“ – alles klar Dude, wird gemacht!

Nach Erreichen des höchsten Punkts biegen wir wieder in einen Singletrail ab, der weniger flowig und etwas technischer einzustufen ist. Ich befinde mich mit vier weiteren Fahrern in einer Gruppe und wir schießen Rad an Rad durch den Trail. An der spitze kracht es gewaltig und ein Fahrer verabschiedet sich in Richtung Boden. Der Sturz war ziemlich spektakulär und wir nehmen etwas Speed raus. Manchmal ist es gar nicht so verkehrt, wenn man selbst geerdet wird – gedanklich natürlich… in physischer Form wünsche ich das niemandem.

Die großen Anstiege sind vorüber und ich befinde mich nun noch mit drei weiteren Fahrradverrückten in einer Gruppe. Wir durchqueren noch einige Trails und kämpfen uns über die letzten Wiesenwege. Das ist nochmal sehr kräftezehrend, da Wiese und Wind Hand in Hand gegen uns arbeiten und wir uns jeden Stundenkilometer aus den Beinen melken müssen.

Der Tacho springt um auf 40km und zwischen mir und der Ziellinie liegt lediglich die CC-Trail-Sektion. Schnell noch drüber rollen und ins Ziel kämpfen. Die Beine tun jetzt ziemlich weh, aber ich bin mit meiner Leistung sehr zufrieden. Im Ziel angekommen ziehe ich mir erstmal einige Isotrinks rein und folge dem Duft leckerer Bratwürstchen. Nach und nach kommen auch die anderen Funbiker ins Ziel. Gut, dass wir alle ohne technische Defekte ins Ziel gekommen sind – so macht Rennenfahren Spaß.

Der Kellerwald Marathon war ein schöner Start in die Saison und ich konnte gute Punkte für die Cup-Wertung der Rosbacher Bike Challenge mit nach Hause nehmen.

In der Gesamtwertung finishte ich auf Platz 57 (von 361) und in der Altersklasse Elite Herren belegte ich Platz 16 (von 38).

Tom Rauchhaus belegte in der Gesamtwertung Platz 100 und in seiner Altersklasse Senioren 1 Platz 23.

Michael Zammert belegte in der Gesamtwertung Platz 134 und in seiner Altersklasse Senioren 2 Platz 44.

Alexander Würz belegte in der Gesamtwertung Platz 136 und in seiner Altersklasse Senioren 1 Platz 30.

Alexander Rauchhaus belegte in der Gesamtwertung Platz 138 und in seiner Altersklasse Senioren 1 Platz 32.

Auf der 80km Strecke finishte Thomas Roland nach 4:25h und sicherte sich den 80. Gesamtplatz sowie Platz 25 in der Altersklasse Senioren 2.


Sportliche Grüße und Kette rechts

Euer Philipp